Lernen von Ereignissen: Lernen von Denken.
Denken ist Arbeit. Schwerstarbeit. Denken ist von außen schwierig
zu erkennen, weil vordergründig "nichts passiert". Denken ist von
außen nicht beobachtbar. Die Inhalte des Denkens bleiben Dritten in
der Regel verborgen, solange sie nicht kommuniziert werden (können).
Denken geschieht z.B. als
- annehmen, vermuten, unterstellen, raten, schätzen,
- hoffen, erwarten,
- kalkulieren, ins Kalkül ziehen, bewerten, gewichten,
- abwägen, bedenken, orientieren, beraten
- erkennen, mitunter blitzartig, "Gedankenblitze",
- nachdenken, überlegen, reflektieren,
- vordenken, suchen, fragen,
- ausdenken, ahnen,
- überschlafen, "sacken lassen", zögern, zaudern,
- klären, bewerten, gewichten, ordnen, einordnen.
Denken kann auch sein z.B.:
- sich etwas selbst erklären, "kurzschließen", sich etwas
zurecht legen,
- fehlende Informationen durch eigene Verständnisse ersetzen,
- grübeln, "in sich hinein fressen",
- phantasieren, Illusionen nachhängen, Feindbilder pflegen,
"spinnen",
- Wahnvorstellungen, Fixierungen, Panik entwickeln,
Verfolgungswahn,
- hinterfragen, "auf den Grund gehen",
- zweifeln, verzweifeln, "in die Sackgasse geraten",
- Widerstand leisten, Auswege, Umwege suchen,
- Ungehorsam,
- hagiographische Hermeneutik: "päpstlicher als der Papst
sein" (wollen).
Denken braucht Zeit und Raum. Es stellt sich nicht zwangsläufig
ein, wenn Zeit und Raum zur Verfügung gestellt werden, ebenso wenig
kann es unterbunden werden, wenn Zeit und Raum verweigert werden.
Organisationen unternehmen in der Regel große Anstrengungen, um
die Inhalte des Denkens zu bestimmen, zu formen, zu beherrschen und
nutzbar zu machen sowie unerwünschte Inhalte zu unterdrücken. Die
Mittel dazu sind z.B.:
- "Verschreibungen" von Öffentlichkeit des Denkens, z.B.
offizieller Einsatz von Kreativitätstechniken.
- Festlegung von Entscheidungshoheiten, Richtlinienkompetenzen
für Inhalte, über die nicht nachgedacht werden soll.
- Sicherung von hoher Auslastung mit Tätigkeiten, z.B. durch
stetige Verkürzung von Durchlaufzeiten.
- Festlegungen von Zuständigkeiten, innerhalb deren das
"Denken in eigenen Angelegenheiten" erlaubt ist.
- Entwicklung von Tabus, über die nicht gesprochen wird.
- Soziale Kontrollen zur Feststellung von Abweichungen von
erwartetem Verhalten; disziplinierende Maßnahmen, insbesondere
Personalmaßnahmen.
- Soziale Stigmatisierungen von einzelnen Personen, die auch
Unerlaubtes und Unerwünschtes "laut" denken dürfen, wie z.B.
Hofnarren.
- Regelkommunikation mit offener und geheimer Tagesordnung
- Kontrollen, Sanktionsgewalt der Vorgesetzten.
- Gründe und Begründungen in Form von Rechenschaft verlangen.
Organisationen sind in der Regel an den Beiträgen (sprich in
Persona zu erbringende, genau definierte Leistungen) und dem
Verhalten im Rahmen der Rollen der Angehörigen der Organisation
interessiert bzw. begrenzen das Organisationsinteresse darauf. Das
(Mit-)Denken wird deshalb begrenzt auf das "Denken", das "nur" der
Organisation nützt bzw. nutzen kann, d.h. den Organisationszwecken
dient und nicht etwa "privaten" Interessen oder Vorlieben.
Insbesondere unterbinden Organisationen, dass durch eine Denkarbeit
der vorgesehene routinierte Leistungsprozess nicht unterbrochen wird
und auch nicht unterbrochen werden darf. Wenn doch, dann nur nach
bestimmten Regeln. Verstöße dagegen können schnell arbeitsrechtliche
Konsequenzen haben, z.B. als "Arbeitsverweigerung",
"Befehlsverweigerung", "Querulantentum", "Störung des
Arbeitsfriedens", usw.
Die Lernziele für das Organisationslernen bezüglich Denken sind
deshalb z.B.:
- Lernen, für die Bedürfnisse des "freien Denkens" der
Angehörigen der Organisation Räume und Gelegenheiten zu schaffen
und bereitzustellen.
- Lernen, für das "freie Denken" der Angehörigen der
Organisation klare Regeln und Spielregeln zu bestimmen, zu
vereinbaren und durchzusetzen.
- Lernen, die Schwerpunkte des erwünschten Denkens
(Mitdenkens) zu bestimmen, z.B. durch Ziele, Aufträge zu
Problemlösungen, Projekte.
- Lernen sicherzustellen, dass die Ergebnisse des erwünschten
Denkens in die Organisation relevant werden können.
- Lernen, Gelegenheiten zu schaffen, in welchen die Ergebnisse
des erwünschten Denkens in die Organisation einfließen, z.B. in
der Regelkommunikation, in Reflexionen, Rücksprachen, Anträgen,
Begründungen.
- Lernen sicherzustellen, dass die Ergebnisse des erwünschten
Denkens nur über die Hierarchie in die Organisation einfließen,
d.h. von ihr bewertet und gewichtet werden.
- Lernen sicherzustellen, dass Eigenbröteleien,
Guerilla-Arbeit, Untergrundarbeit, Partisanenarbeit für
abgelehnte Ergebnisse und "privates Denken" unterbleibt bzw.
früh erkannt wird.
- Lernen, für das erwünschte (Mit-)Denken, das mit Funktionen,
Hierarchien und Rollen verbunden ist, "öffentlich" einzufordern,
z.B. durch besondere Veranstaltungen und in der
Regelkommunikation sowie im Berichtswesen.
- Lernen, Impulse aus dem Denken der Angehörigen der
Organisation in jedem Falle aufzunehmen.
- Lernen, Rückmeldungen von Dritten als Impulse zu notwendigem
Denken zu erhalten und zu behandeln.
Bedeutung für die Mediendidaktik in der VPMA und durch die VPMA:
Die Mediendidaktik in der VPMA für Denken mahnt die
Verantwortlichen für die Projekte und das Projektmanagement immer
wieder, bereits in den Planungen und Kalkulationen eher zu viel Zeit
für Denken einzuplanen und die Zeiten sowie eventuelle zusätzliche
Ressourcen zur Unterstützung der Denkarbeit gegen den zu erwartenden
heftigen Widerstand durchzusetzen.
Ferner werden die Betroffenen und Beteiligten angeregt, besonders
in hektischen Zeiten sich für eine Auszeit zu entscheiden, in
welcher (wieder) Ordnung in die Gesamtzusammenhänge und in die
Prozesse gebracht wird und der notwendige und ausreichende
Steuerungs-, Regelungs-, Entscheidungs- und Interventionsbedarf
(kreativ) ermittelt und umgesetzt wird.
Darüberhinaus werden die Verantwortlichen für die Projekte und
das Projektmanagement ermutigt, rechtzeitig zu erkennen, wo sie Rat
und Unterstützung benötigen und diesen auch in kompetenter Art und
Weise zu besorgen.
Empfehlung:
Feststellen,
festhalten, (handschriftlich) sofort notieren, was Ihnen:
- gefällt,
- auffällt,
- missfällt,
- zufällt,
- fehlt.
Feststellen, festhalten, (handschriftlich) sofort notieren, was:
- anfällt,
- entfällt,
- verfällt,
- zerfällt,
- abfällt.
...und entscheiden, was Sie mit Ihren Aufzeichnungen anfangen
(wollen, können, dürfen, müssen).